Windkraft
Information zu den bundes- und landespolitischen Flächenzielvorgaben für den Ausbau der erneuerbaren Energien/Sachstandsbericht zum Thema Windkraft in unserer Raumschaft (Bereiche Regionalverbandsplanung, Flächennutzungsplanung der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt-Teilflächennutzungsplan "Windenergie", anvisierte Projektierung der EnBW Energie Baden-Württemberg AG in unserer Region)
In der Gemeinderatssitzung am 27.02.2023 wurde über das Thema Windkraft berichtet. Der Text der ausführlichen Beschlussvorlage wird nachfolgend abgedruckt:
Zunächst wird auf die dem Gemeinderat zur öffentlichen Sitzung vom 27.09.2021 übersandte Beschlussvorlage sowie auf den ausführlichen Bericht im Gemeindeanzeiger von der 43 KW/2021 verwiesen.
Das Thema Windkraft bzw. erneuerbare Energien ist eine Aufgabe der wir uns zum einen zum Beibehalt der Energieversorgungssicherheit/dem Ausbau regenerative Energien, aber zum anderen auch zur Beibehaltung und Sicherung unserer Wohn- und Lebensqualität stellen müssen.
Gerade in Zeiten der weitergehenden Klimaerwärmung sowie des Klimawandels ist es unerlässlich wichtig, dass von allen Planungsträgern Möglichkeiten gesucht werden, um bedarfsgerecht zur Umsetzung zu kommen, die sich positiv auf die Energiegewinnung auswirken und auch nachhaltig, regenerativ bzw. umweltverträglich sind.
Grundsätzlich bietet die Windenergie dies an. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung ist es gerade auch aufgrund der Teileigentümerschaft an der eneRegio GmbH die Stromerzeugung ein Thema, welches stets im besonderen Fokus liegen muss.
In Anbetracht der allseits bekannten Naturkatastrophen, sonstigen Umweltbelastungen, wie beispielsweise durch die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl vom 26.04.1986 bzw. von Fukushima vom 11.03.2011 wurde vor Augen geführt, wie anfällig das Leben, nicht nur regional, sondern global bei derartigen Katastrophen über Jahrzehnte hin belastet werden kann.
So ist es verständlich und unerlässlich wichtig, dass neben den vorhandenen Energiegewinnungen die Windenergie immer mehr an Bedeutung gewinnen sollte.
Zweifelsohne lässt es sich darüber diskutieren, in welcher Art und Weise die Windenergie, insbesondere Windräder, als optisch ansprechend zu bewerten sind, oder nicht. Jedoch muss hier auch klar beurteilt werden, dass gerade Nuklearkatastrophen globale Auswirkungen zur Folge haben, die letztendlich das Leben auf unserem Planeten über Jahrzehnte hin stark belasten.
Bereits in den Jahren 2011/2012 wurde das Thema unter Bezugnahme auf die Raumplanung im Gemeinderat bzw. in der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt erörtert.
Mit der damaligen gesetzlichen Grundlage nach § 35 BauGB waren die Kommunen gehalten, zur Steuerung der Windenergie (Stichwort Verspargelung), einen entsprechenden Teilflächennutzungsplan auf den Weg zu bringen, der diesbezügliche Potentiale (Eignungsgebiete) aufzeigt.
Die Gemeinde Muggensturm ist neben der Stadt Rastatt, den Gemeinden Iffezheim und Ötigheim, sowie Steinmauern Mitglied der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Rastatt.
Der Aufgabenbereich Flächennutzungsplan wurde an die Verwaltungsgemeinschaft Rastatt, hier federführend durch die Stadt Rastatt als erfüllende Kommune, übertragen.
Der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft hat in seiner Sitzung am 15.02.2012 den Aufstellungsbeschluss für den sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ für die Verwaltungsgemeinschaft gemäß § 2 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2b BauGB gefasst.
Das Büro Gerhardt, Karlsruhe (jetzt Schöffler, Karlsruhe) wurde mit der Erarbeitung des sachlichen Teilflächennutzungsplans „Windenergie“ sowie der Durchführung des Verfahrens betraut.
In der öffentlichen Sitzung vom 06.12.2012 wurde vom gemeinsamen Ausschuss der Vorentwurf des sachlichen Teilflächennutzungsplanes vom November 2012 gebilligt.
Danach wurden die frühzeitigen Beteiligungen der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB vom 28.01. bis einschließlich 28.02.2013 sowie die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB bis 01.03.2013 durchgeführt.
Eine für alle Kommunen der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt abschließende Klärung bzw. ein befriedender Lösungsansatz für die Ausweisung geeigneter Konzentrationszonen in der Raumschaft der Verwaltungsgemeinschaft, konnte damals in der Phase der Weiterbearbeitung des Teilflächennutzungsplans-Entwurfs leider nicht gefunden werden.
Einzig wurde von der Gemeinde Muggensturm das Ziel aktiv verfolgt, hier eine entsprechende Flächenausweisung (Gewann Hagen) zu erreichen.
Mit der Vorentwurfsplanung und Durchführung der frühzeitigen Beteiligung hat der Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ damals den Mindestinhalt und ein Plankonzept erreicht, das die Zurückstellung von potentiellen Baugesuchen nach § 15 BauGB (Stichwort Zerspargelung) rechtfertigt, wenn zu befürchten ist, dass ein Vorhaben der künftigen Flächennutzungsplanung widerspricht oder diese unmöglich macht. Somit entstand keine wesentliche Lücke, die die kommunale Steuerung der Windenergiestandorte hätte gefährden können. Anträge auf Zulassung einer Windanlage in der Raumschaft der Verwaltungsgemeinschaft sind seither nicht erfolgt. Aktuell wird mit der ENBW über die anvisierte Projektierung in unserer Raumschaft (Muggensturm, Bischweier, Kuppenheim) auf Basis der neuen Rechtslage gesprochen.
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (Umweltministerium) hat im Rahmen des Windbranchentages am 29.05.2019 einen neuen Windatlas für Baden-Württemberg vorgestellt, der den Windatlas aus dem Jahr 2011 ersetzt.
Die wichtigste Änderung beim aktuellen Windatlas ist, dass die Flächen nun anhand eines neuen Maßstabes bewertet werden.
Zuvor war die mittlere Windgeschwindigkeit entscheidend. Jetzt ist es die mittlere Windleistungsdichte. Die beschreibt nicht nur wie stark der Wind an einem Standort durchschnittlich weht, sondern auch wie oft er welche Windstärke mit welcher Luftdichte erreicht. Konkret bedeutet dies, dass im alten Windatlas geltenden Standorte ab beispielsweise ca. 5,5 m je Sekunde im Jahresdurchschnitt (bei 140 m Nabenhöhe) als geeignet betitelt worden sind. Im neuen Atlas werden Standorte mit einer mittleren gekappten Windleistungsdichte von mindestens 215 Watt pro Quadratmeter in 160 m Nabenhöhe als windkrafttauglich angesehen.
Dies entspricht – auf die alte Bemessungsgrundlage umgerechnet – etwa einer mittleren Jahresgeschwindigkeit von 5,65 m je Sekunde bis 5,9 m je Sekunde in 160 m Höhe über Grund. Dieser neue Orientierungswert für geeignete Flächen – mindestens 215 Watt je Quadratmeter – wird den Planungsträgern und Behörden (hier bei der Flächennutzungsplanung der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt) als künftige Beurteilungsgrundlage empfohlen.
Für Muggensturm stellt sich das bisherige Verfahren so dar, dass die etwas reduzierte, damals noch akzeptable Windhöffigkeit von 5,25 m bis 5,5 m je Sekunde knapp unterschritten war. Jedoch zeigte die Bewertung des Standortes auch artenschutzrechtliche Hemmnisse auf. Bekanntlich lag der in Muggensturm mögliche Standort in der Einflugschneise des Rotmilans. Somit scheiterte eine mögliche Projektierung hauptsächlich am Artenschutz. Darüber hinaus war seinerzeit auch die Wirtschaftlichkeit vom Gesetzgeber als Planungsinstrument vorgegeben. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung war dies keine „glückliche“ Vorgabe, da die Windkraftenergie dem aktiven Wandel schon damals unterlag und es letztendlich Sache des Betreibers ist, eine Wirtschaftlichkeit nachzuweisen. Bekanntlich starteten damals schon Windkraftanlagen mit einer Windhöffigkeit von 2,2 m je Sekunde.
In Anbetracht des nun vorliegenden neuen Windatlasses aus 2019 liegen nicht unerhebliche Auswirkungen auf unserer Raumschaft vor. Die Verfügbarkeit dieser neuen Datengrundlage sowie die Einführung eines neuen Parameters und Orientierungswertes haben Auswirkungen auf die Steuerung der Windkraftnutzung in der Regional- und Flächennutzungsplanung, somit natürlich auch auf den sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windkraftenergie“ der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt, der bekanntlich nicht rechtskräftig geworden ist.
Dabei sind Verfahrensstadien der Planungen zu unterscheiden. Bei laufenden Verfahren, wie in unserem Falle, der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt, in dem zum Zeitpunkt der Herausgabe des neuen Windatlasses kein Feststellungsbeschluss für den Teilflächennutzungsplan vorliegt, sind gemäß § 14 Abs. 3 BauGB nach den erfolgten Festlegungen des Umweltministeriums die Daten des neuen Windatlasses als Abwägungsgrundlage maßgebend. Faktisch bedeutet dies, wie bereits mehrfach dem Gemeinderat mitgeteilt, dass wir in einem rechtlich völlig offenen Planungsstand sind.
In der Erarbeitungsphase des Vorentwurfs des Teilflächennutzungsplanes wurden nur Flächen in Betracht gezogen, die nach den damaligen Kriterien, wie bereits beschrieben, eine ausreichende Windhöffigkeit (mittlere Windgeschwindigkeit von 5 m je Sekunde in 100 m Höhe gemessen am Windatlas 2011) aufweisen. Der im Windatlas 2012 formulierte Orientierungswert einer mittleren Windgeschwindigkeit von 5,3 m je Sekunde in 100 m Höhe wurde im Verwaltungsraum Rastatt kaum erreicht. Für den überwiegenden Teil des Gebietes wurde in 100 m Höhe eine Windgeschwindigkeit von 5,0 m bis 5,25 m je Sekunde ausgewiesen, im Bereich Muggensturm lag dieser grundsätzlich sogar unter 5,0 m je Sekunde.
Der Windatlas 2019 zeigt für das gesamte Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt eine mittlere gekappte Windleistungsdichte von mindestens 215 Watt je Quadratmeter in 160 m Höhe auf. Damit erreicht das Gebiet einen neuen Orientierungswert für eine ausreichende Windhöffigkeit/Winddichte flächendeckend. In Bereichen werden auch Werte von 250 bis 310 Watt je Quadratmeter in 160 m Höhe erreicht.
Mit Vorliegen dieser neuen Bewertungsgrundlage (Windatlas) muss die erneute Prüfung vorgenommen werden. Der Gemeinderat wurde über diese Rechtslage informiert.
Dies hat zur Folge, dass der bisherige vorliegende Teilflächennutzungsplanvorentwurf zu überarbeiten ist. Dies gilt auch analog für das Gesamtteilflächennutzungsplanverfahren hinsichtlich der Fortführbarkeit. Somit muss mit dem überarbeiteten Flächennutzungsplanvorentwurf die frühzeitige Beteiligung nochmals durchgeführt werden. Folglich gilt, dass der ursprüngliche Aufstellungsbeschluss des gemeinsamen Ausschusses vom 15.02.2012 weiterhin gilt.
Neben der Untersuchung der Windkrafttauglichkeit des Verwaltungsraumes ist auch zu prüfen, ob sich seit der Bearbeitung im Jahr 2012 ff. Prüf- und Bewertungskriterien, Vorsorgeabstände, etc., geändert haben. Zudem sind weitere damalige Datengrundlagen, z.B. Schutzgebiete, FFH-Gebiete, etc., zu beachten. Auch hier ist davon auszugehen, dass damalige artenschutzrechtliche Untersuchungen zu aktualisieren und ggf. zu ändern sind. Gemäß Rückmeldung/Information der aktuellen Landesregierung soll der Artenschutz in seiner Gesamtabwägungsbeurteilung etwas dezimiert werden, so dass Projekte eher zur Genehmigung kommen können.
Unter dieser Prämisse hat sich der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft in der Sitzung am 15.07.2020 auf dringender Anregung und Wunsch der Gemeinde Muggensturm mit der Thematik beschäftigt und die notwendigen Beschlüsse zur Überarbeitung des damaligen Vorentwurfs, she. Text, auf den Weg gebracht. Die diesbezüglichen Planungsaktivitäten sind noch im vollen Gange.
Letztendlich bedeutet dies, dass derzeit im Verwaltungsraum Rastatt, somit insbesondere in Muggensturm auch, keine konkrete Steuerung der Windkraftenergie möglich und gegeben ist, dies alsbald in dem Teilflächennutzungsplanes zu erreichen, soweit dann die dann geltende Rechtslage dies überhaupt zulässt und möglich macht.
Nachdem von verschiedenen Betreibern, Energiekonzerne und sonstigen Unternehmen damals Premiumbereiche für entsprechende Windhöffigkeit erreicht haben oder heute eine entsprechende Winddichtigkeit gewährleisten, steht natürlich auch im Fokus, die Windkraftenergie weiter voranzutreiben. Deshalb wurde zwischenzeitlich das Gesamtthema vom Landesgesetzgeber erneut bewertet. Wie bekannt sollen insbesondere auch hier deutliche Veränderungen im Bereich des Natur- und Artenschutzes bei entsprechender fachlicher Beurteilung zugunsten der Windkraftenergie abgewogen werden können. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung ist daher davon auszugehen, dass die Bewertungsgrundlage für derartige Projektierungen somit eher zugunsten der Windkraftenergie und faktisch eher zu Lasten des Natur- und Artenschutzes fortentwickelt werden.
Gegen Ende 2020 ist die EnBW zunächst auf die Gemeinde Muggensturm, aber auch auf die Nachbarkommunen Bischweier und Kuppenheim zugegangen, um zu eruieren wie und in welcher Art und Weise sich die Gemeinde zur Windkraftenergie stellt.
Den Vertretern der EnBW wurde das Gesamtthema analog der Positionierung der Gemeinde Muggensturm seit 2011 (ff.) präsentiert und mitgeteilt. Über die zahlreichen Gespräche und Abstimmung mit der EnBW wurde bereits berichtet bzw. Info an die Fraktionsvorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen gegeben. Wir gehen davon aus, dass die Mitglieder über ihre Fraktionssprecher entsprechend informiert worden sind.
Wichtig ist hier anzumerken, dass ein solches, etwaiges Projekt derzeit kein klassisches Projekt darstellt, welches über die Planung bei einer entsprechenden Rechtskraft eines Teilflächennutzungsplanes „Windenergie“ abgedeckt ist.
Vielmehr würde sich eine solche Projektierung derzeit nach § 35 BauGB (Bauen im Außenbereich) richten. Dieser § 35 BauGB macht eine solche Projektierung von Windkraftanlagen möglich, da dieser der Versorgung mit Elektrizität durch Windkraftenergie dienen, soweit diese nicht öffentlichen Belange entgegenstehen. Dies erfolgt i.d.R. dann, wenn hierfür die Darstellung im Flächennutzungsplan (also Teilflächennutzungsplan „Windkraftenergie“) eine Ausweisung einer Stelle, die nicht dieselbe Stelle ist, betreffen und dieser Teilflächennutzungsplan rechtskräftig ist, was bei uns nicht vorliegt.
Somit ist hier (derzeit) festzustellen, dass Windkraftprojekte so lange (ungesteuert durch die Flächennutzungsplanung) zulässig sind, wenn diese die gesetzlichen Standards erreichen und keiner Steuerung der vorbereiteten Bauleitplanung widersprechen. Sollte ein derartiges Projekt zum Tragen kommen, wäre es sinnvoll, dies in die weitere Flächennutzungsplanung für den Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ zu integrieren. Bis zu welchem Zeitpunkt dieser neue Teilflächennutzungsplan „Windkraftenergie“ das Stadium analog bis 2019 erreicht, kann derzeit rechtssicher nicht abgeschätzt werden. Darüber hinaus ist dies mit der neuen Rechtslage zu korrespondieren.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Überprüfung der Raumschaft Muggensturm, Kuppenheim, Bischweier aufzeigte, dass in Muggensturm fünf und in Kuppenheim und in Bischweier zwei, also insgesamt sieben Windkraftenergiestandorte möglich sind, sprach sich die EnBW dafür aus einer solchen Projektierung näherzutreten.
Geplante Standorte:
Zahlreiche Abstimmungs- bzw. Informationsgespräche auf interkommunaler Ebene bzw. mit der EnBW sowie ergänzend Info an die eneRegio GmbH sind seither erfolgt.
Als einer der größten Energieversorgungsunternehmen in Deutschland und Europa mit starken Wurzeln in Baden-Württemberg möchte die EnBW sich vom reinen Energieanbieter immer mehr zum nachhaltigen und innovativen Infrastrukturpartner fortentwickeln.
Die durch die EnBW durchgeführte Potentialanalyse für unsere Raumschaft zeigt auf, dass unter Berücksichtigung der Pufferung / Planungsgrundlage mit einem Abstand von ca. 1.000 m zur allgemeinen Wohnbebauung, sowie 700 m zur Einzelbebauung (=größerer Abstand als zur Wohnbebauung als vom Gesetzgeber vorgesehen), wie beschrieben fünf Windkraftanlagen auf der Muggensturmer Gemarkung möglich werden können.
Als vorläufig ins Auge gefasste Anlagetyp der Windkraftanlage sieht die EnBW den Hersteller Vestas, Typ V162, vor. Dieses Produkt hat einen Stahlrohrturm (Mast), ein Ortbetonfundament sowie einen Rotordurchmesser von 162 m. Die Nabenhöhe über Grund beträgt 169 m, welches eine Gesamthöhe dann von ca. 250 m bei drei Rotorblättern mit einer Nennleistung von 5,6 MW erreicht. Faktisch bedeutet dies, dass aufgrund der Gesamthöhe von ca. 250 m derartige Windkraftanlagen sehr wohl optisch wahrnehmbarer sind. Neben der beschriebenen Optik muss hier natürlich auch der Schattenwurf mitberücksichtigt werden. Der tägliche Grenzwert liegt hier bei 30 Minuten. Bei einer Berechnung der maximalen Beschattungsdauer unter Maximalbedingungen sind Sonnenschein von Sonnenauf- bis -untergang, wolkenloser Himmel, Rotorfläche senkrecht zur Sonneneinstrahlung, sowie die Windenergieanlage im durchgehenden Betrieb zu berücksichtigen. Ebenso sind die Grenzwerte der TA-Lärm für den Außenbereich und für den Bereich der Schallimmissionen zu berücksichtigen. Nachts liegen diese in Industriegebieten bei 70 dB(A), Gewerbegebieten bei 50 dB(A), Mischgebieten bei 45 dB(A), allgemeine Wohngebiete bei 40 dB(A), reine Wohngebiete bei 35 dB(A) – in Muggensturm nicht vorhanden – bzw. bei Kur- und Krankenhausgebieten ebenfalls bei 35 dB(A) – in Muggensturm ebenfalls nicht vorhanden.
Der bilanzierte Energieertrag von Windkraftanlagen (fünf Stück pro Jahr – she. Möglichkeit in Muggensturm, vorbehaltlich der Detailprüfung) liegt nach Rückmeldung der EnBW bei ca. 55-60 GWh/a. Dies entspricht einer bilanziell sauberen und regenerativen Stromgewinnung für ca. 18.000 bis 20.000 Haushalte pro Jahr. Die energetische Amortisation solcher Windkraftanlagen tritt, so die EnBW, nach ca. sieben bis zwölf Monaten ein.
Wie bereits informiert, gibt eine solche Projektierung die Option von Beteiligungsmöglichkeiten in vielfältiger Art und Weise. Dies könnte z.B. auch in einer aktiven Beteiligung durch die Kommune, durch die eneRegio GmbH oder durch die Bürger (Stichwort „Bürgerstrom) erfolgen.
Die EnBW präsentierte das anvisierte Projekt in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 27.09.2021.
Der grundsätzliche Tenor in dieser Gemeinderatssitzung war, auch unter Berücksichtigung der Rechtslage, dass die diesbezügliche Fläche in die weitere Bearbeitung des neuen Teilflächennutzungsplanes der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt einfließt. Dies wurde auch umgehend von der Gemeindeverwaltung so auf den Weg gebracht.
Weiter wurde festgelegt, dass die Sachstandsschilderung gemäß dieser bisherigen Beschlusslage des Gemeinderates vom 27.09.2021 kein Beschluss hinsichtlich einer etwaigen Bereitstellung von Grundstücken, von Zustimmung oder ähnlichen zu dem Projekt der EnBW darstellt. Auch wurde vom Gemeinderat seinerzeit gefordert, dass die EnBW im offenen Dialog mit der Gemeindeverwaltung (und ggf. der Bürgerschaft) eintritt. Seinerzeit war vereinbart worden, dass die Winddichte sowie der Artenschutz von der EnBW geprüft werden. Die Prüfergebnisse wären dann, welche ca. ein Jahr andauern, von der EnBW im Gemeinderat zu präsentieren, so dass etwaige Beschlüsse zu gegebener Zeit, soweit dieser überhaupt im rechtlichen Zuständigkeitsbereich der Gemeinde liegen, vom Gemeinderat zu treffen.
Darüber hinaus versucht die EnBW seither, durch verschiedene Pachtverträge Grundstücke zu sichern.
Leider musste zur Kenntnis genommen werden, dass die EnBW in der Umsetzung der Winddichtemessung bzw. der Artenschutzprüfung sich außerordentlich viel Zeit gelassen hat. Faktisch stellt es sich so dar, dass erst gegen Jahreswechsel 2022/2023 die diesbezüglichen Vorbereitungen von dort aus gestartet worden sind.
Ab Frühjahr 2022 formierten sich verschiedene Muggensturmer Bürger/innen zu einer Bürgerinteressensgemeinschaft, die die Windkraftenergie in Muggensturm in den bestehenden Bereichen bzw. auch generell kritisch sieht.
In Abstimmung mit den Gemeinderatsfraktionen wurde/wird versucht, im offenen Dialog so transparent wie möglich, die Windkraftthematik miteinander zu erörtern. Ab 23.05.2022 fand darauf aufbauend ein gemeinsamer Austausch in Sachen Windkraft zwischen der Bürgerinitiative, Vertretern der Gemeinderatsfraktionen, sowie der Gemeindeverwaltung statt.
Im offenen Dialog konnte die Bürgerinitiative hier ihre Themenbereiche vorstellen. Seinerzeit wurde vereinbart, dass die EnBW als möglicher Projektträger zu den Fragestellungen der Interessensgemeinschaft Antworten bzw. weitere Informationen bekannt gibt. Leider musste sowohl von der Bürgerinitiative, als auch von der Gemeindeverwaltung zur Kenntnis genommen werden, dass die EnBW in nicht zufriedenstellender Art und Weise keine finalisierte Beantwortung der verschiedenen Fragestellungen erledigt hat.
Die Beantwortung der Fragestellungen von Seiten der EnBW ging bei uns am 08.02.2023 ein. Die Antworten gingen dann am 09.02.2023 per E-Mail an die Bürgerinitiative.
Die Beantwortung der Fragen zeigt auf, dass bei weitem noch nicht vollständiger Aufschluss zu den Fragestellungen gegeben ist. Letztendlich liegt dies auch an den noch nicht erreichten Planungsstand zum Projekt bzw. der nicht eingeleiteten Genehmigungsphase.
Aus Sicht der Verwaltung ist es nach wie vor unerlässlich wichtig, dass der enge Dialog zwischen möglichen Projekten, mit den Menschen vor Ort, also auch der Bürgerinitiative, dem Gemeinderat und der Gemeindeverwaltung miteinander geführt wird.
In Abstimmung mit den Gemeinderatsfraktionen wird in der heutigen Gemeinderatssitzung der Verbandsdirektor Dr. Matthias Proske vom Regionalverband Mittlerer Oberrhein über die aktuelle Rechtslage referieren.
Wie bereits aus der Presse zu entnehmen war, hat sowohl die bundes- als auch die landespolitische Regelung durch Flächenzielvorgaben den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorangetrieben.
Bereits 2021 hat sich das Land Baden-Württemberg als Ziel gesetzt, bis 2040 Klimaneutral zu werden. Für das Erreichen des Ziels müssen auch die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien geschaffen werden, so das Land Baden-Württemberg. Diese Aufgabe kommt in Baden-Württemberg der Regionalplanung, also dem Regionalverband zu.
Nach § 4b des Klimaschutzgesetztes Baden-Württemberg (KSG) sind dabei in den Regionalplänen mindestens 2% der Landesfläche für Windenergie und die Freiflächen für Photovoltaik zu sichern
(= sogenanntes 2% Ziel). Der Gesetzgeber vergibt mit dem o.g. Ziel den Planungsauftrag explizit an die Regionalplanung, um für diese beiden Energieerzeugungsanlagen Flächenvorsorge zu treffen und entsprechende Standorte planungsrechtlich zu sichern. Adressat des § 4b (KSG) sind nicht die Kommunen. Dies bedeutet, dass es nicht Aufgabe der Gemeinde, sondern der Regionalplanung ist, diese Fläche auf der jeweiligen Gemarkung zu sichern. Faktisch stellt es sich so dar, dass eine Abstimmung bzw. Mitwirkung ggf. denkbar ist, final jedoch der Regionalverband entscheidet. Der regionalplanerische Planungsauftrag aus dem § 4 (KSG) wurde von 12 Regionalverbänden aufgegriffen. Bereits am 17.03.2022 hat die Arbeitsgemeinschaft der Regionalverbände in Baden-Württemberg gemeinsam mit der Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen (Frau Nicole Razavi) die sogenannte „regionale Planungsoffensive“ gestartet. Sobald die von der Landesregierung für das Gelingen dieser Planungsoffensive zugesagte Unterstützung und die Neujustierung bestimmter Rahmenbedingungen (z.B. Artenschutzrecht) vorliegt, werden die Regionalverbände bis zum Ende der Legislaturperiode (voraussichtlich Frühjahr 2026) ihre (Teil-) Regionalpläne fortschreiben und mindestens 2% der jeweiligen Regionsflächen für die Nutzung durch Windenergie- und Freihaltesolaranlagen sichern. Bundesweite Zielvorgaben des Bundesgesetzgebers korrespondieren hiermit und können ggf. ändernd einwirken.
Welcher Anteil an diesen 2% welchem Energieträger zufällt, wird nun nicht mehr alleine auf Grundlage von planerischen Analysen und durch die regionalen Gremien bestimmt werden können. Mit dem Kabinettsbeschluss des Windflächenbedarfsgesetzes des Bundes (sogenannten Wind-/Landgesetz) verschiebt sich der Planungsauftrag deutlich in Richtung Windenergie. Für Baden-Württemberg bedeutet dies, dass bis zum 31.12.2032 insgesamt 1,8% der Landesfläche für die Windenergie zur Verfügung zu stellen ist. Da es voraussichtlich keine weiteren regionalen Ausdifferenzierungen des Zieles geben wird, bedeutet das, dass auch jede Region 1,8% ihrer Fläche allein für die Windenergie zu sichern hätte. Für Freiflächensolaranlagen wäre dann noch so viele Flächen gesichert, wie planerisch vertreten – und in der Region tragbar erscheinen.
Auch der Regionalverband Mittlerer Oberrhein wird das Kapitel 4.2.5 „Energieversorgung“ seines Regionalverbandes fortschreiben. Dieses Verfahren ist im Gange. Im Rahmen des Teilfortschreibungsverfahrens des Regionalplanes werden zu gegebener Zeit die Kommunen im Planungsprozess eingebunden/beteiligt. Ein vertrauensvolles Miteinander zwischen dem Regionalverband und den zu beteiligenden Kommunen wird vom Regionalverband zugesichert.
Mit Schreiben vom 27.07.2022 an die Stadt Rastatt als erfüllende Gemeinde der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Rastatt, wurde unter Bewertung der Gesamtrechtsthematik vom Regionalverband der Stadt Rastatt empfohlen, aufgrund der noch instabilen Rahmenbedingungen von der angedachten Aufstellung/Bearbeitung des Teilflächennutzungsplanes „Windkraftenergie“ abzusehen bzw. auszusetzen.
Da das Gesamtthema der Windkraftenergie eines der bedeutendsten im Rahmen der Energiewende darstellt, wurde mit der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt vereinbart, dass rein arbeitsmäßig der Teilflächennutzungsplan mit dem beauftragten Büro Schöffler, Karlsruhe, weiterbearbeitet wird, so dass nach Fertigstellung der Vorarbeiten bei entsprechender Rechtslage die Projektierung zur Rechtssicherheit durch den möglichen Teilflächennutzungsplan, ggf. in Ergänzung zur Regionalplanung, gestaltet wird.
Fazit:
Im Zuge der Energiewende bzw. des Ausbaus von regenerativen Energieoptionen genießt die Windkraftenergie ein hohes Maß an Bedeutung und Umsetzungspotential, welches von Bundes- und Landesgesetzgeber so eingefordert wird.
Rein rechtlich zeigte sich, dass die Gemeinde Muggensturm im Gesamtplanungs- und Konzeptprozess Ansprechpartner für die Bürger/innen sowie für mögliche Projektpartner ist. Die entscheidenden Behörden (Regionalverband, Verwaltungsgemeinschaft Rastatt/Baurechtsbehörde/Landratsamt Rastatt bei privilegierten Vorhaben nach § 35 LBO) stehen hier in der Verantwortung. Die Gemeinde Muggensturm hat hier keine Zuständigkeit bzw. Befugnis, nur im Bereich der Bereitstellung von Gemeindegrundstücken als Grundstückseigentümer.
Eine rechtliche Kompetenz bzw. Zuständigkeit liegt somit bei der Gemeinde Muggensturm und bei anderen Gemeinden, die selbst nicht Untere Verwaltungsbehörde sind, nicht vor.
Dies bedeutet, dass die Gemeinde Muggensturm bei derartigen Projekten keinerlei Entscheidungskompetenz hat.
Beschlussvorschlag:
Der Vortrag vom Regionalverbandsdirektor Dr. Proske wird zur Kenntnis genommen. Die Verwaltung, wie mit den Gemeinderatsfraktionen abgestimmt, versuchen alsbald ein gemeinsames Gespräch mit der Interessensgemeinschaft/Bürgerinitiative sowie der EnBW für deren angedachtes Windkraftprojekt zu vereinbaren.
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Der Regionalverbandsdirektor Dr. Proske stelle die derzeitige Situation aus der Sicht des Regionalverbands dar. In wesentlichen Zügen bestätigte er die Darstellung der Gemeindeverwaltung und verdeutlichte, dass die Entscheidungskompetenz der Gemeinde nur als privater Grundstückseigentümer in der Bereitstellung von Flächen gilt, die sich im Eigentum der Gemeinde befinden und bei den restlichen Flächen keine Zuständigkeit der Gemeinde gegeben ist.
Ansprechpartner Gemeinde Muggensturm:
Bürgermeister Johannes Kopp, Tel. 07222/90 93 20, E-Mail: bm@muggensturm.de
Hauptamtsleiter Claus Gerstner, Tel. 07222/90 93 50, E-Mail: c.gerstner@muggensturm.de
Sachbearbeiterin Daniela Fischer Tel. 07222/90 93 75, E-Mail: d.fischer@muggensturm.de
Präsentation des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein
Die Präsentation des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein finden Sie hier: Präsentation